Auszug aus der Audiotour durch das Windjammer-Museum. Die komplette Audio-Tour (Deutsch/ Englisch) kann am Ende der Seite über den QR-Code aufgerufen werden.
Holzerland-Werft
Diesen Segelriss eines Schoners zeichnete Carl Holzerland jun. 1914 in Hamburg. Carl Holzerland jun. war der letzte Eigentümer und Schiffbaumeister der Holzerland-Werft, auf der über drei Generationen Holzschiffbau betrieben wurde. Für seinen Großvater, den aus Bodstedt stammenden Schiffbaumeister Johann Jochim Georg Holzerland, war das Areal der Werft nicht der erste Schiffbauplatz. Er betrieb bereits eine Werft an der Barthe-Brücke, auf der bis 1868 mindestens 26 Schiffe, überwiegend Briggs, Schoner und Barken, vom Stapel liefen. Die neue Werft nahm am 17. August 1867 als die „Holzerland`sche Werft am Dammtor“ ihren Betrieb auf. Als erster Schiffsneubau lief ein Jahr später die Bark „Johann Holzerland“ mit einer Tragfähigkeit von 446 Tonnen für den Reeder J. C. Beug vom Stapel. Bis 1873 entstanden sieben weitere größere Schiffsneubauten, darunter die Bark „Treue“ mit einer Tragfähigkeit von 614 Tonnen. Sie war das größte je bei Holzerland gebaute Schiff. 1874 entschloss sich Johann Holzerland den Werftbetrieb auf seinen 28jährigen Sohn Carl zu übertragen. Unter Carl Holzerland gelang der Übergang vom Bau größerer hölzerner Seeschiffe zu Schiffsneubauten für die Kleinschifffahrt. Der junge Holzerland konnte seine Werft erfolgreich durch die Krise im Holzschiffbau führen, während alle anderen Barther Werften nach und nach aufgeben mussten. Mit den Dreimastgaffelschonern erfolgte unter Carl Holzerland jun. die Spezialisierung auf einen neuen Schiffstyp. 1915 wurde mit der „Meta“ der erste Neubau dieser Art fertiggestellt. Weitere sieben Schiffsneubauten folgten. Dann endete 1926 mit der Fertigstellung des Jacht-Schoners „Anna“ der Bau von Frachtsegelschiffen auf der Holzerland-Werft und damit auch in Pommern. Es wurden noch einige kleinere Fischereifahrzeuge gebaut. Doch mit dem Tod von Carl Holzerland jun. im Jahr 1935 kam der Betrieb der Werft schließlich endgültig zum Erliegen. Unter Johann, Carl sen. und Carl jun. entstanden zwischen 1853 und 1926 mindestens 95 Segelschiffe für die Frachtschifffahrt. Die Holzerland-Werft gehörte damit zu den produktivsten und langlebigsten auf den Bau von hölzernen Segelschiffen spezialisierten Werften Pommerns. Nach dem Zweiten Weltkrieg pachtete Gustav Sanitz das Werftgelände. Ab 1948 wurden hier unter anderem die bekannten 17-Meter-Kutter gebaut. Nachdem Sanitz 1953 in die Bunderepublik Deutschland übergesiedelt war, erfolgte die Gründung des VEB Bootsbau- und Reparaturwerft Barth. Nach der politischen Wende wurde die Werft 1989 privatisiert und schließlich 1991 von der Familie Reeckmann übernommen. Sie zählt mittlerweile zu den modernsten Kleinwerften des Landes. |
Barther Segelschiffe – Die Anfänge
Barth gehörte nie der Hanse an und war lange Zeit als Handelsstadt eher unbedeutend. Noch im 17. Jahrhundert wurden die Waren der Stadt und des Umlands auf dem Landweg oder mit kleinen Booten nach Stralsund und Rostock gebracht und von dort aus verschifft. Der Großteil des Gewinns verblieb auf diese Weise in den Hansestädten, die den Fernhandel kontrollierten – was sich nachteilig auf die Entwicklung der Stadt Barth auswirkte. Dies änderte sich in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Schweden begann Schiffbau und Handel auch außerhalb der großen Seestädte zu fördern. Und die Barther Kaufleute gaben den Bau von größeren Schiffen in Auftrag, um ihr Korn selbst zum Abnehmer zu transportieren. Als eine von vier Seestädten Vorpommerns war Barth berechtigt, Schiffspapiere und Seepässe auszustellen, was Schiffer anzog, die sich hier niederließen. Kriege in Europa und in Übersee banden im 18. Jahrhundert große Teile der Flotten führender Handelsnationen. So entstand im Siebenjährigen Krieg und besonders in der Zeit des Amerikanischen Unabhängigkeitskrieges ein hoher zusätzlicher Bedarf an Schiffsraum und seemännischem Personal. Dies führte zu einer regen Bautätigkeit an der gesamten Küste. Bis zum Jahr 1800 hatte sich in Barth und Umgebung ein beachtlicher Schiffsbestand entwickelt. Er wurde von Barther Kaufleuten bereedert und von einheimischen Kapitänen geführt. Die Schiffsporträts der „Johanna Margarethe“ und der „Delphin“ zeigen, was für Schiffe auch in Barth zu jener Zeit beheimatet waren: überwiegend Slups und Jachten für den küstennahen Handel, aber auch Galeassen mit bis zu 400 Tonnen Tragfähigkeit. |
Barther Segelschiffe – Die Blütezeit
Nach den Napoleonischen Kriegen wurde Barth preußisch. 1815 waren hier bereits 67 Segelschiffe und rund 70 Kapitäne beheimatet. Der Übergang zu Preußen bremste aber zunächst die weitere Entwicklung, da die Barther Schiffe nicht mehr in den Genuss schwedischer Privilegien kamen. Zahlreiche Kapitäne und Matrosen wanderten damals nach Schweden aus und der Schiffbau kam fast zum Erliegen. Erst in der Mitte des 19. Jahrhunderts blühten Schiffbau und Handel auf. Grund dafür waren unter anderem die Aufhebung von Gesetzen, die den freien Handel hemmten, wie die englischen Navigation-Acts, und die Verringerung von Zöllen und Abgaben, wie durch den dänischen Sundzoll. Dieser wurde 1857 aufgehoben.Bis 1877 hatte sich Barth nach der Anzahl der Schiffe zum zweitgrößten Reedereiplatz Preußens entwickelt und war Heimathafen von mehr als 170 Seeschiffen. Die vorherrschenden Schiffstypen jener Zeit waren zweimastige Briggs, wie die „Libra“, und dreimastige Barken, wie die „Justine Helene“. Schiffe dieser Art wurden vor allem im transatlantischen Handel eingesetzt. Sie hatten eine relativ hohe Tragfähigkeit bei gleichzeitig geringer Besatzung. Die Segelschiffe gingen auf Trampschifffahrt, das heißt sie fuhren ohne Fahrplan und feste Routen. Manchmal waren sie jahrelang unterwegs, ohne wieder in die Nähe der Heimat zu gelangen. In einem Jahr transportieren sie beispielsweise Holz von Memel nach Newcastle, brachten von dort Kohle nach Jamaika, luden dort Kaffee nach Antwerpen, um von dort mit Stückgütern nach New York zu segeln. Im Jahr darauf waren die Routen möglicherweise ganz andere. Angebot und Nachfrage bestimmten die Frachten und die Preise. So konnte eine Reise sehr einträglich sein. Oft fanden die Schiffe aber auch keine lohnende Fracht und mussten in Ballast, das heißt ohne Ladung, zum nächsten Hafen aufbrechen. Die Fahrten wurden von vielerlei Gefahren begleitet. Jedes Jahr gingen rund drei Prozent der Schiffe verloren. Diese Verluste konnten aber durch den regen Schiffbau zunächst noch einige Zeit ausgeglichen werden. |
Barher Segelschiffe – Niedergang
Bereits im frühen 19. Jahrhundert wurden erste Dampfschiffe im Liniendienst eingesetzt. Sie waren aber eher Post- und Passagierdampfer. Mit der Entwicklung der Schiffsschraube 1836 setzte sich ein neuer Antrieb durch, der den Einsatz des Dampfschiffs für Frachtfahrten attraktiv werden ließ. In den folgenden Jahrzehnten wurde die Technik der Dampfschiffe kontinuierlich weiterentwickelt und die Segelschiffe schrittweise von den Handelsrouten verdrängt. Zugleich benötigte man immer größere Schiffe und der Schwerpunkt des Handels verlagerte sich zunehmend von der Ostsee in die Tiefwasserhäfen der Nordsee. Um 1880 wurde der Holzschiffbau in ganz Vorpommern nahezu schlagartig eingestellt. Niemand war mehr bereit in den Bau von hölzernen Segelschiffen Geld zu investieren. Eine Umstellung auf den Bau von stählernen und größeren Schiffen erfolgte in Barth aber nicht. Gleichzeitig gingen zahlreiche Schiffe durch Seeunfall verloren, wurden verkauft oder abgewrackt. Da sie nicht mehr ersetzt wurden, schrumpfte der Schiffsbestand binnen weniger Jahre fast bis zur Bedeutungslosigkeit. Versuche der Barther Reeder, mit angekauften größeren eisernen Schiffen weiter am Fernhandel teilzunehmen, scheiterten nach nur wenigen Jahrzehnten. 1897, nur 20 Jahre nach dem Höhepunkt der Blütezeit, waren in Barth nur noch 37 Seeschiffe registriert. Nur auf der Holzerland´schen Werft wurden noch Gaffelschoner, wie die „Ida“ oder die „Waltraute“, für die Küstenschifffahrt gebaut. Schiffbau und Seehandel in Barth erlebten in einem Zeitraum von nur 150 Jahren ihren Aufstieg und eine große Blütezeit, aber letztendlich auch ihren Niedergang. |
Vom Votivbild zum Kapitänsbild
In diesem Raum befindet sich das Zentrum unserer Kapitänsbild-Ausstellung. Die hier ausgestellten Gemälde und Aquarelle sind zwischen 1807 und 1935 entstanden. Sie spiegeln die Entwicklung der Segelschifffahrt über einen Zeitraum von mehr als 100 Jahren bildhaft wider. Aber wer hat diese Bilder beauftragt und wer hat sie geschaffen? Um diese Fragen beantworten zu können, müssen wir uns zunächst auf eine Zeitreise begeben. Vor allem in katholischen Gebieten war es schon seit Jahrhunderten Tradition, dass man sich nach der Rettung aus einer großen Gefahr und einem damit verbundenen Gelübde an einen Heiligen ein Votivbild von diesem Ereignis malen ließ. Es erinnerte dann öffentlich an die gefahrvolle Situation und die Rettung. Dieser religiöse Brauch wurde auch in Hafenstädten gepflegt. Und da die Seefahrt schon immer voller Gefahren war, entstand auch eine Vielzahl von Bildern mit Schiffsdarstellungen. Ab dem 17. Jahrhundert wandten sich die Maler zunehmend von religiösen Themen ab und malten, was sie umgab. Besonders in den Niederlanden und in Großbritannien entwickelte sich eine ausgeprägte Form der Marinemalerei, die insbesondere Seeschlachten und Kriegsschiffe zum Thema hatte. Es gab aber auch ortsfeste Marine-Maler, die nur Schiffe in ihrer direkten Umgebung malten – wie die in Marseille ansässige Malerfamilie Roux, deren Vertreter über Generationen vor allem Handelsschiffe porträtierten. Diese Schiffsdarstellungen fanden durch den regen Seehandel schnell Verbreitung und wurden Mitte des 19. Jahrhunderts zur Mode. Und so waren die Maler von Schiffsbildern gegen Ende des 19. Jahrhunderts in allen wichtigen Häfen Europas, Nordamerikas, aber auch in China und Japan anzutreffen. Aber warum heißen die Bilder nun Kapitänsbilder, obwohl sie doch keine Kapitäne, sondern Schiffe zeigen? Zur Zeit ihrer Entstehung wurden die Gemälde vermutlich nur als Schiffsbilder bezeichnet. Der Begriff Kapitänsbild ist eine neuere Schöpfung und verweist darauf, wer die Bilder überwiegend in Auftrag gab: nämlich die Kapitäne der dargestellten Schiffe. Ein solches Bild entstand überwiegend aus einem Anlass heraus, wie die Ankunft in einem fernen Hafen oder die Übernahme des Schiffs. Das fertige Kapitänsbild hing dann in der Kajüte des Kapitäns und im Ruhestand über dem Sofa in der guten Stube. |
Schiffsdioramen – Modellbau der Seeleute
Auf den langen Fahrten im Passat-Wind oder bei Windstille gab es für die Seeleute oft wenig zu tun. Dann war auch Zeit das eigene Hobby zu pflegen oder um Geschenke für die Liebsten daheim zu basteln. Neben vielen anderen Beschäftigungen erfreute sich der Bau von Schiffsmodellen besonderer Beliebtheit. Denn mit dem fertigen Modell hatte man gleichzeitig eine besonders schöne Erinnerung an die eigene Zeit als Fahrensmann. Das Schiffsdiorama stellt dabei eine Sonderform dar, bei der sich ein Halbmodell mit zusätzlichen gestalterischen Elementen in einem Kasten befindet. Für den Bau dieser Halbmodelle wurde alles verwendet, was man an Bord fand. Der Rumpf und die Masten waren aus Holz. Auch die Segel wurden meist aus Holz geschnitzt, aber auch seltener aus Blech, Stoff oder Papier gefertigt. Für die Gestaltung der Wellen verwendete man Gips, Kitt oder auch Wolle. Der Hintergrund wurde abschließend noch kunstvoll bemalt und das fertige Kastenschiff mit Rahmen und Glasscheibe versehen. Anders als beim Kapitänsbild, mussten sich die Seeleute bei ihren Schiffsdioramen nicht streng am originalen Vorbild orientieren. So haben die Halbmodelle oft eine andere Farbgebung als das Vorbild oder auch einen anderen Namen erhalten. Sehr oft bekamen sie weibliche Vornamen und wurden nach der Heimkehr der Liebsten geschenkt. Ach übrigens, der Begriff Diorama kommt von Durchschauen. Man könnte die Schiffsdioramen also auch Schiffs-Schaukästen nennen. |
Windjammer
Windjammer sind rahgetakelte Tiefwassersegler, das heißt ihre Segel stehen quer zum Schiff. Die Windjammer werden als Nachfolger der Klipper angesehen. Klipper waren Fracht-Segelschiffe, die ab Mitte des 19. Jahrhunderts in Amerika aufkamen und für schnelle Frachtfahrten optimiert wurden. Mit ihrem scharfen Bug und breiten Heck unterschieden sie sich von den bisherigen Fracht-Segelschiffen und erreichten enorme Geschwindigkeiten. Allerdings brauchten sie für die Bedienung der Takelage auch eine relativ große Besatzung.
Die Windjammer hingegen wurden auf hohe Wirtschaftlichkeit optimiert. Die meist aus Eisen und Stahl gebauten Segelschiffe wiesen eine ähnliche Bauweise wie ihre hölzernen Vorgänger auf. Sie verfügten aber über eine größere Tragfähigkeit und zahlreiche technische Neuerungen, so dass nur eine relativ geringe Besatzung notwendig war. Getakelt waren diese Schiffe überwiegend als Viermastbarken und Vollschiffe mit drei oder vier Masten. Aber auch sieben Rahsegler mit fünf Masten wurden konstruiert, wovon das Fünfmast-Vollschiff „Preussen“ als die Krönung des Segelschiffbaus galt.
Oft hatten die Windjammer eine Tragfähigkeit von mehr als 5000 Tonnen. Damit transportierten sie Massengüter wie Salpeter, Kohle, Getreide und Guano auf den Routen zwischen dem pazifischen Raum und Europa. Besondere Berühmtheit erlangten dabei die Flying P-Liner der Hamburger Reederei Laeisz. Sie wurden speziell für die Salpeterfahrten zur chilenischen Westküste gebaut.
Nach dem Ersten Weltkrieg wurden auch die Windjammer zunehmend von den letzten Handelsrouten verdrängt. Mit dem Untergang der „Pamir“ und der Außerdienststellung der „Passat“ im Jahr 1957 endete schließlich die Ära der Windjammer in der Frachtschifffahrt.
Einige dieser Windjammer sind bis in unsere Zeit erhalten geblieben. So können wir heute die „Peking“ in Hamburg und die „Passat“ in Travemünde besichtigen. Und ein Besuch der russischen Segelschulschiffe „Kruzenshtern“ und „Sedov“, die einst als „Padua“ und „Magdalena Vinnen“ Kap Hoorn umrundeten, gehört heute immer noch zu den Höhepunkten der Windjammerparaden und Hafentage.
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